F. Nach dem 2. Vatikanischen Konzil (seit 1969)

sucht die Pfarrei Bonneweg ihren Weg.

„Das kirchliche Leben, Streben und Wirken an die Bedürfnisse der heutigen Welt herantragen“, das hatte sich das ökumenische Konzil zur Aufgabe gestellt. Die Überlegungen und Beschlüsse des Konzils hatten darum auch Auswirkungen auf die Pfarrei Bonneweg. Pfarrer Henri Treff (+1982) und sein Nachfolger Joseph Felten (seit 1982) mit ihren Vikaren und vielen Mitarbeitern haben versucht, die Pfarrei in die nachkonziliare Zeit hineinzuführen. Die Umwälzungen, die das Zeitgeschehen mit sich brachte, gestaltete die Seelsorge in den letzten 30 Jahren des 20. Jahrhunderts anders als bisher. Auch eine Ursache hierzu war der Mangel an Priestern in der Diözese. Waren seit dem Kriege 3 Vikare in Bonneweg tätig, so waren es ab 1971 noch zwei, seit 1979 nunmehr nur einer. So musste eine ganze Reihe von Katechetinnen den Religionsunterricht übernehmen. Ein Pastoralassistent oder eine Pastoralassistentin musste viele pastoral-seelsorgliche Aufgaben ausführen.

Auch ohne diese Notlage des Priestermangels muss die Mitarbeit der Laien als mündige Glieder der Kirche ausgebaut werden. Auch die Laien tragen ja kraft der Taufe und Firmung Verantwortung in der Kirche: sicher mehr Rechte als bislang üblich, aber dann auch mehr Pflichten. Das betrifft alle Gläubigen nach der Maßgabe ihres Könnens und ihrer Veranlagung. So wurde bereits 1969/70 zum ersten Mal ein Pfarrrat gewählt als Beratungs- und Koordinationsorgan der Seelsorge, wobei dem Kirchenrat wie bisher die materielle Verantwortung für die Kirchenfabrik obliegt. Erneuert wurde der Pfarrrat 1973, 1976, 1981, 1986, 1991, 1996 und 2003. Oft wurde in kleinen Arbeitsgruppen oder im ganzen Gremium vieles angeregt und auf die Wege gebracht.

Der Lektorendienst wurde so bei den Liturgiefeiern eingeführt. Eine „Équipe Liturgique“ bereitet die besonderen Gottesdienste vor. In Bonneweg-Nord wurde eine Samstag-Vorabendmesse eingeführt, lange Zeit in einem Schulraum, später im Korridor der Schule. Ab 1989 wird der polyvalente Saal im Untergeschoss der Vorschule benutzt, dem ein abtrennbarer Chorraum mit Sakristei angeschlossen ist. Die Vorbereitung von Erstkommunion und Firmung, die Gestaltung dieser Feiern und überhaupt der Kindermessen werden neben den Priestern von Laien wahrgenommen. Längere Zeit wurden regelmäßig besondere Jugendmessen durchgeführt. In Sachen Apostolat werden gelegentlich Konferenzen, Gesprächsrunden, Einkehrtag für die Pfarrei oder besondere Gruppen organisiert. Eine religiöse Woche (mit Pfarrer Kindler) wurde in der Pfarrei 1977 abgehalten, 1994 war es eine Familienwoche. Auf Anregung der Pfarrrates bildete sich auch eine neue „Fraenéquipe“, die das Engagement für die Pfarrei und zugleich das Zusammengehörigkeitsgefühl der Pfarrei fördert.

Eine „Groupe d’Accueil“ versucht ausländische Bewohner und Neuankömmlinge an die Pfarrei anzubinden. Wohl feiern die „Mission italienne“ und die „Mission portugaise“ jeden Sonntag je eine Messe in Bonneweg, aber viel andere müssen erfasst und integriert werden. Regelmäßige Pfarrfeste wurden organisiert, oder Feiern zu Jubiläen und bei besonderer Gelegenheit. Der in jedem 2. Jahr mit dem Pfarrfest verbundene Missionsbazar kennt jedes Mal einen großen Erfolg. Es tat sich auch ein Damenchor zusammen als Pendant zum Cæcilienchor, der bislang ein reiner Männerchor war, und belebte oft die Messen mit ihren Gesängen, bis er schließlich mit dem Männerchor zu einem gemischten Chor fusionnierte. Auch Guiden und Scouten taten sich zusammen zum „Groupe St Louis - Ste Irmine“. Ein Kinderchor „Bouneweg Nuechtigailercher“ entstand ebenfalls auf dem Boden der Pfarrei. Er belebt öfters Kindermessen und bietet vor allem eine gute Gesangserziehung. Auch die Förderung des Gemeinschaftsgesanges aller Gläubigen machte gute Fortschritte.

Ein Meilenstein auf dem Gebiet der Vereinstätigkeit und für das Leben der ganzen Pfarrei war der Bau des Vereinshauses, des „Foyer Paroissial“. Nach langen Vorbereitungen begann die Bauperiode im Januar 1973 und am 12. Oktober des darauffolgenden Jahres wurde der Bau eingeweiht. Hier hatten nun die „Œuvres paroissiales“ ihr schon 1938 gestecktes Ziel erreicht. Sie blieben auch weiterhin Eigentümer und Verwalter des Heimes. Doch bald musste vergrößert werden, wegen der großen Inanspruchnahme. So wurde dans Nachbarhaus hinzugekauft und umgebaut und dazu das ganze Heim noch weiter ausgebaut. Beim Pfarrfest vom 7. bis 9. Juli 1995 wurde diese Erweiterung eingeweiht. Im selben Jahr war auch die Eröffnung des Pfarrsekretariats im Nachbarhaus des Pfarrhauses. Aus all den Jahren seien auch die Priesterweihe von Claude Sibenaler 1972 und die von Raymond Thomas 1973 jedes Mal in der Bonneweger Pfarrkirche und die Primiz von Jean-Marie Weber 1981 und von Pierre Faber 1990 zu erwähnen.

Im Jahre 1988 konnte zudem die Erinnerung an den Bau der ersten Pfarrkiche (100 Jahre vorher) zusammen mit der Fünfzigjahrfeier der Œuvres paroissiales gefeiert werden. Zur Hundertjahrfeier der Pfarrei selbst im Jahr 1997 war dank der Gemeindeverwaltung der Stadt Luxemburg und der Spendenfreudigkeit der Pfarrei die Pfarrkirche komplett renoviert worden, insbesondere die Heizungsanlage, die Beleuchtung, die Kirchenfenster, die Orgel. Zwei große Ikonen zieren nun die Transepte und 12 Batikbilder die Zugänge zu den Seitenkapellen. Auch die Werktagskapelle in der Krypta war nach einem Schwelbrand erneuert worden. Zwei neue Glocken wurden zu diesem Jubiläum der Kirche geschenkt:

%     Die Sankt-Michaels-Glocke (Schlagton si) geliefert von der Firma Voegelé, Strasbourg (2600 kg), geweiht am 12. Juli 1997;

%     Die Sankt-Irmina-Glocke (Schlagton si) geliefert von der Firma Voegelé, Strasbourg (355 kg), geweiht am 12. Juli 1997.

Am Kirchweihfest 1997 wurde das Jubiläum bereits gebührend gefeiert mit der Glockenweihe und den Kirmesmessen auf dem Vorplatz der Kirche und dem damit verbundenen Pfarrfest. Im September, als der Glockenstuhl und die Turmspitze erneuert waren, läuteten nun die 5 Glocken und riefen zum feierlichen Pontifikalamt, das der Erzbischof als Danksagung zelebrierte. Eine Paramenten- und eine Kunstausstellung begleiteten diesen Abschluss der Jubiläumsfeier.

Ein weiterer Aspekt im Leben der Christen in der Pfarrei wurde auch noch bedacht und beraten. Heutzutage kann und darf die Pfarrei sich nicht absondern und sich auf sich selbst zurückziehen. Sie muss über die Pfarrgrenzen hinausblicken: Zusammenarbeit in der Seelsorge mit den Nachbarpfarreien, mit dem Pfarrverband (wegen seiner Größe ist die Pfarrei Bonneweg selbst ein eigener Pfarrverband), mit dem Seelsorgsektor, mit dem Dekanat, mit der Pastoealregion und mit der ganzen Diözese. Das bedingt Überlegungen in Zusammenkünften mannigfaltiger Art der haupt- und nebenamtlichen Verantwortlichen, der Räte und Gremien, der Vereine und Gruppen. Hier bleibt noch ein großes Feld überpfarrlicher Seelsorge zu leisten. Anfänge hierzu wurden bereits gelegt, einerseits durch die Verbände in der Diözese, aber auch andererseits auf niederer Ebene durch Zusammenkünfte der Pfarrräte oder einzelner Vereine und durch gemeinsame religiöse Feiern (wie die Sternwallfahrt der 12 Pfarreien des Sektors Luxemburg-Süd in der Bittwoche vor Christi Himmelfahrt).

Ein ständiges Wachstum der Ortschaft, die Anlage neuer Straßen und Viertel trieb bisher die Einwohnerzahl von Bonneweg immer weiter in die Höhe. Wenn es 1945 zirka 7000 Einwohner waren, sind es jetzt nach dem Jahr 2000 doppelt so viele, an die 14000. Fast die Hälfte sind Ausländer. Die Zahl der Teilnehmer an den verschiedenen Sonntagsmessen betrug am 18./19. Januar 2003 genau 1211 Anwesende.

Soweit dieser zusammenfassende Bericht über die Geschicke und die Entwicklung der Pfarrei Bonneweg seit ihrer Gründung im Jahre 1897.

M. B. Januar 2003